Verantwortung & Autonomie – selbstbestimmt leben !

Guten Tag !

Nach meiner Erfahrung hat selbstbestimmtes Lernen und Studieren immer auch mit Selbstbestimmung im Leben zu tun: mit selbstbestimmtem Leben.

Weil mir im selbstbestimmten Studium ein von außen festgelegter Studienplan fehlt, auf den ich Wohl und Wehe meines Studierens abschieben kann, bin ich für mein Wohlbefinden im Studium ganz und gar selbst verantwortlich: eine gute Übung für ein rundum selbstbestimmtes Leben, finde ich – und ein Trainingsplatz, der sich bisweilen ziemlich „hart“ anfühlen kann, aber nicht muss.
Die „Härte“ des Weges hängt m. E. davon ab, wie liebevoll ich mit meinen eigenen „Schwächen“, Fehlern, mit meiner zeitweisen „Langsamkeit“, Trägheit, Unsicherheit und Desorientiertheit umgehen kann. Gerade in „schwachen“ Phasen zeigt sich für mich wirklich, wie liebevoll ich mit mir selbst umgehen kann:

Verurteile ich mich für meine Unsicherheit, mein Zögern ?
Verachte ich mich dafür, wenn ich andere für meine Stimmung(en) verantwortlich mache ?
Kritisiere ich mich dafür, wenn sich mein Leben gerade „unproduktiv“ anfühlt ?
Strafe ich mich mit Selbstabwertung, wenn ich mein(e) Ziel(e) (zunächst) nicht erreiche, oder nicht in einer Geschwindigkeit, die auch vor meinem ‚inneren Antreiber‘ zu bestehen vermag ?
Und: Mag ich mich auch dann, wenn ich mich gerade nicht mag ?

Wie gehe ich mit mir selber um ?
Ich habe gelernt, dass diese Frage im selbstbestimmten Studium für mich eine entscheidende ist.

Deshalb möchte ich von einem Zusammenstoß berichten.
Der hat auf dem Papier stattgefunden, zwischen meiner augenblicklichen Lebenshaltung und der einer lieben Bekannten, die sich in diesem Moment so gänzlich anders anfühlte, dass ich von der Begegnung zweier gegenätzlicher Sichtweisen auf das Leben sprechen und hier berichten möchte.

Dafür zeige ich Euch hier meine Antwort auf ihren Brief:

Liebe X,

das fällt mir jetzt ein bissl schwer, auf die Hauptteile Deiner mail zu antworten, weil eigentlich prallen unsere Lebenseinstellungen da frontal aufeinander. Aber egal, das ist auch eine schöne Herausforderung, da konstruktiv zu bleiben, also hier meine Sicht:

Wenn ich es richtig verstehe, machst Du das Handeln der anderen dafür verantwortlich, wie’s Dir geht (deren Bürokratie, deren Passivität, deren Ohnmacht, deren Opfer-Haltung, deren Egozentrik, deren kurzsichtiges Handeln …).

Damit gibst Du aus meiner Sicht anderen Menschen und ihren Taten und Nicht-Taten eine ungeheure Macht über Dich, Dein Leben, Deine Befindlichkeit.
Darin sehe ich etwas Konstruktives und etwas Destruktives.

Konstruktiv daran finde ich, dass Du anerkennst, dass das Handeln der anderen Menschen tatsächlich eine ungeheure Macht hat. Destruktiv daran finde ich, dass ihr Handeln große Macht auch über Dich zu haben scheint.
Wie meine ich das ?

Ich sehe Menschen als autonom.
„Gott“ sei dank ! Wären sie es nicht, nach meiner Ansicht, wärst auch Du es nicht.
Wer das anders sieht, beraubt sich m. E. jeder Möglichkeit, für sich selbst ein glückliches Leben nach ihren/seinen (!) eigenen Werten (!) zu gestalten.

Denn wenn wir nicht autonom, selbstwirksam wären, dann könnten wir erst dann glücklich leben, wenn nahezu die gesamte Menschheit oder eine genügend große Gruppe auch nach unseren Werten lebt !
Wir sind aber nicht „Gott“ !
Auch wenn „der“, jedenfalls angeblich, jemanden wie „Jesus“ geschaffen hat, dessen Werte wohl ziemlich den unseren entsprechen mögen.
ER hat aber auch all die anderen Menschen geschaffen, die nicht nach diesen Werten (zu) leben (scheinen).
Wenn der Mensch aber autonom ist, wie ich behaupte, dann kann ich nie wissen, wann es so weit ist, dass alle nach meinen Werten leben, und ich kann auch nicht wissen, ob dieser Fall überhaupt jemals eintritt.

Wenn der Mensch aber nicht als autonom angesehen wird, dann bin auch ich es nicht, und habe eigentlich keine Chance jemals glücklich zu leben, jedenfalls dann nicht, wenn meine Werte nicht den Werten der Mehrheit entsprechen.
Da sehe ich den Menschen doch lieber als grundsätzlich autonom.

Die Zuschreibung solcher Autonomie hat aber Folgen:
Plötzlich bin ich selbst verantwortlich dafür, wie’s mir geht, und nicht mehr der/die Beamte/in hinter dem Schreibtisch – egal, was sie oder er tut.
Ja, die Autonomie kann sogar noch weiter gefasst werden: Ich selbst bin dafür verantwortlich wie es mir geht, egal was ich selbst gerade tue.

Letzterer Satz ist was für erleuchtete Buddhisten, aber er kann mir (jedenfalls) wertvolle Impulse geben.
Zurück zur Macht der Masse und zur Autonomie der/des Einzelnen: Wenn ich mein Glück darauf aufbaue, andere Menschen zu ändern, mache ich mich kaputt.
Falls es jemanden gibt, die/der eine solche Haltung mehrere Jahrzehnte lang durchhält, dann zeugte das für mich vor allem von einem: einer ungeheuren inneren Stärke.
Eine solche Haltung macht m. E. unglücklich. Wird sie dennoch nicht aufgegeben, zeigt das für mich außergewöhnlich große innere Kraft. Denn sie viele Jahre lang durchzuhalten erscheint mir extrem anstrengend.
Die meisten Menschen haben m. E. diese Haltung, und sind unglücklich, jedenfalls, wenn ich mir mal Deutschland ansehe. Andererseits zeigt mir diese Haltung, dass sie über große Kraft verfügen, auch wenn sie sie nicht für ihr Glück einsetzen.

Wieder anders gesehen: es gehört halt zu ihrem Weg dazu, ihre Kraft so einzusetzen, wie sie es tun.
Sie sind „richtig“ auf ihrem Weg, alle !
Sie „dürfen“ unglücklich leben, sich unglücklich machen – und ihre Autonomie dazu nutzen ein letztlich unglückliches Leben zu führen.

Denn wer Anderen, wie z. B. Dir oder Menschen in Afghanistan oder sonstwo, oder abhängig zu Ekel-Löhnen Beschäftigten so viele Probleme macht, die oder der kann nicht glücklich sein !
Ein/e Glückliche/r achtete immer auch auf das Wohl der anderen – ohne sich dabei aufzugeben, oder wenn dann in Vollendung höchster Liebe ganz bewusst wie Jesus.

Schnell wieder zurück auf den Boden der Tatsachen, anstatt in die luftigen Höhen hölzerner Kreuze auf ‚Ölbergen‘:
Bürokraten ist das Wohl derer, die sie verwalten gemeinhin völlig egal. Sonst wären sie keine Bürokraten, sondern SozialarbeiterInnen, TherapeutInnen, oder Weise, womit ich SozialarbeiterInnen und/oder TherapeutInnen keinesfalls kollektiv über den grünen Klee loben will; es ist eher so als Bild gemeint.

Jetzt kann ich aber über die Ignoranz anderer ewig lamentieren. Lamentieren, jammern finde ich gut !!!
Ich gehöre auch nicht zu denen, die dann sagen: „Irgendwann ’sollte‘ man damit auch wieder aufhören !“
Nein, überhaupt nicht. Garnix ’sollte man‘.
‚Man‘ kann auch ewig weiterjammern – warum nicht ?
Ich sehe ja jeden Menschen als autonom. Seine/ihre Sache also, wieviel sie/er jammern will. Das geht mich nichts an !

Eben: Es … geht … mich … nichts … an ! Ich bin nicht der ‚liebe Gott‘. Ich habe nicht zu befinden darüber, was jemand anders zu tun und zu lassen hat, und wenn ich es hundertmal besser zu wissen glaube. Natürlich habe ich das Recht mich zu schützen, wenn die Freiheit der anderen mich allzusehr beeinträchtigt.
Aber dieses Recht hast Du doch auch.
Die Frage ist vielleicht: Wie ?

Falls die anderen tatsächlich autonom sein sollten, und ich gleichzeitig das Recht für mich beanspruche, mich gegen ihre von mir so gesehene „Blödheit“ zu schützen: Wie soll das zusammengehen ?
Wie kann ich mich vor den Folgen des Handelns anderer Menschen schützen, ohne sie manipulieren, oder zur Änderung ihres Handelns bringen zu wollen ?

Wenn ich andere als autonom ansehe, dann gilt diese Autonomie auch für mich !
Wenn ich andere als autonom ansehe, und mich selbst auch, dann müsste ich mich eigentlich schützen können, unabhängig davon, was andere tun und lassen.
Das ist m. E. das gleich doppelte Geschenk, das die Anschauung von der Autonomie mir macht:

Ich kann die anderen in Ruhe so sein lassen, wie sie das wollen, und ich kann selbst glücklich so leben, wie ich das will.

Das funktioniert allerdings nur dann, wenn ich die Autonomie wirklich ernstnehme: Nur dann kann ich gleichzeitig glücklich sein, während andere nix von dem tun, was mir wichtig ist.

Natürlich beschreibe ich hier zur Vereinfachung Extremformen. Denn wir sind in Wahrheit m. E. alle von einander abhängig, und wir beeinflussen uns auch gegenseitig. Kein Mensch ist allein auf der Welt, und unser aller Handeln hat Wirkung aufeinander. Ja ? Unser aller Handeln ? Öh, dann doch auch meins, oder ?

Die „Krankheit“ unserer „Gesellschaft“ (bleiben wir mal in Mitteleuropa) besteht m. E. NICHT darin, dass wir alle uns zu sehr in’s Zentrum stellten – sondern darin, dass wir das ZU WENIG tun !
Die Ansicht, wir seien alle Egoisten, und würden uns zu sehr in’s Zentrum unseres Handelns stellen, halte ich für eine grausame Lüge. Denn wäre es wirklich so, stünde an erster Stelle doch, dass wir alle glücklich leben. Denn glücklich sein wollen wir doch alle ?!

Eben, das glaube ich schon, dass wir das wollen. Und wenn wir das wollen, dann sind auch ALLE auf ihrem Weg zum Glück.
Dieser Weg beinhaltet m. E. Irrwege – weil wir Menschen sind.

Wir können nicht anders, als Fehler machen, je mutiger wir sind, umso mehr.
Warum also anderen Menschen in den Weg zu ihrem Glück reinreden ? Es wäre ja dann nicht mehr ihrer, ihr eigener (Autonomie!). Wir sind nunmal auf dieser Welt, um Fehler zu machen – weil wir so konstruiert sind. Was können wir schon dafür ?

Hier finde ich es wirklich einmal sinnvoll, die Macht dort zu lassen, wo sie ist, und sie dort anzunehmen, wo sie für uns bereitliegt.

Was meine ich damit ?

Sorry, was kann ich dafür, dass ich als Mensch so konstruiert bin, wie ich konstruiert bin ?
Was kann ich dafür, dass ich so konstruiert bin, dass ich nicht alles weiß und nicht alles wissen kann, und gleichzeitig erkennen kann, dass ich nicht alles weiß und nicht alles wissen kann ?
Ich habe weder den Menschen, noch die Menschheit konstruiert – und bin deshalb auch nicht für Menschen und auch nicht für die Menschheit verantwortlich !
Ich bin aber nicht nur von irgendeinem Sadisten oder Einem mit großem Humor so konstruiert worden, ich bin auch noch mit Erkenntnisfähigkeit ausgestattet worden, die ich doch glatt dazu nutzen kann, Freiheiten wie eine galizische Trüffelsau aufzuspüren – und zu nutzen !

Welche Freiheit habe ich, wenn ich dem/der Bürokraten/in gegenübersitze ? Erstmal habe ich die Freiheit, ihm oder ihr überhaupt gegenüberzusitzen.
Ich muss das nicht, und Du musst das auch nicht.
Wenn wir ihnen gegenübersitzen, dann weil Du und ich das so wollen !
Ich höre Protest ?
Wieso ?
Du willst die Folgen nicht, die es hat, wenn Du den Papierkram nicht erledigst. Deswegen sitzt Du vor dem BürokratInnen-Tresen. Ich finde, so ehrlich sollten wir sein.

Wenn Du den ganzen Papierkram schon machst, warum dann nicht mit Freude ? Ich verstehe das nicht.
Niemand zwingt Dich dazu.
Du wirst nicht erschossen, wenn Du das nicht machst, und nicht gefoltert. Du willst nur die anderen Folgen nicht, die die Nicht-Erledigung hätte. Aber das ist Deine Entscheidung.

Und ich meine damit nicht, dass man eigene Entscheidungen oder die Folgen eigener Entscheidungen nicht auch bejammern darf – von mir aus so lange wie gewünscht.

Womit wir dann langsam dem Kern entgegeneiern:
Ich kann andere nicht verändern.
Aber ich kann meine Haltung ihnen gegenüber verändern.

Witzigerweise kann ich sie meiner Erfahrung nach damit am meistern verändern – aber nur wenn ich sie nicht mehr verändern will, und wenn meine veränderte Haltung zuerst (!) MEINEM Wohl dienen soll, nicht nur ihrem.

Aus meiner Sicht willst Du zu wenig, dass es DIR gutgeht. Aus meiner Sicht stellst Du Dich zu wenig in’s Zentrum, auch wenn Deine sehr klugen Zeilen für manche/n, Dich vielleicht sogar eingeschlossen, eine andere Sprache zu sprechen scheinen.

Aus meiner Sicht nutzt Du die Freiheiten, die Du hast, zu wenig, weil Du sie nicht siehst. Dass Du sie nicht siehst, oder nicht so ausreichend siehst, dass Du das Glück wirklich spüren könntest, das in ihnen liegt, hat m. E. Gründe.

Und diese Gründe liegen m. E. nicht im Intellekt.
Vielleicht sind sie für Dich und für mich nur mit Hilfe des Intellektes aufzuspüren. Der Kopf kann da unglaubliche Hilfe leisten. M. E. beschränkt sie sich aber darauf, Sicherheiten zu bilden, einen Rahmen zu schaffen für das …

… Spüren.

Wenn ich meine Macht so sehr an andere abgebe, und die Macht die ich eigentlich habe, so wenig nutze, um glücklich zu sein, dann hat das Gründe. Als den wichtigsten sehe ich:

Es ist schlicht und einfach ein Bedürfnis.

Es ist mir ein Bedürfnis, Macht abzugeben, und meine eigene unvollständig zu nutzen.
Warum ?
Weil mir das Geborgenheit schenkt.

Und weil ein Teil in mir keine andere Strategie kennt, um meine Probleme zu lösen. Deswegen versucht es dieser Teil immer und immer wieder auf dieselbe Weise:

Macht abgeben – die anderen sind schuld !

Jetzt sehe ich diesen Anti-Autonomie-Teil in mir tatsächlich aber nur als einen Teil.
Also muss es auch andere Teile geben – und die gibt es in mir.
Nur nutze ich die nicht, wenn ich unglücklich bin. Es ist auch nicht so, dass ich schreckliche Ungeborgenheit ununterbrochen fühlen müsste, wenn ich dem Teil, der mir bisher Geborgenheit durch Ohnmacht verschafft hat, nicht mehr so viel Macht gebe.
In der Freiheit stellt sich eine ganz andere Geborgenheit ein.

Ich bin auch dagegen, es so darzustellen, als ob es heroischer Anstrengungen, unendlicher Mühen und schier übermenschlicher Weisheit bedürfte, um glücklich zu sein und zu werden.

Nein !

Das kann m. E. ganz zart geschehen, ganz sanft, ganz liebevoll, in Schritten, die sich gut und richtig anfühlen –
und endlich mal nicht nach der so altbekannten und immer wiederholten Überforderung …

Aber dann müsste ich mit mir selbst erstmal liebevoll umgehen.
Was gehört dazu ?

Hier angedeutet ein winziger Ausschnitt davon, aus meiner Sicht:

+ Sehe ich eigentlich, was ich permanent leiste – und schon geleistet habe, nicht mit den Augen von anderen, sondern nach meinen eigenen Wertmaßstäben ?
Und wenn meine eigenen Wertmaßstäbe hier nicht zu einer positiven Bilanz führen: Sind es dann wirklich meine eigenen ??? Lohnt hier eine Überprüfung ?
+ Grenze ich mich gegen Menschen und gegen eigene innere Anteile ab, die fast Übermenschliches von mir fordern (wollen) ?
+ Gestatte ich mir Fehler, „Langsamkeit“, meinen eigenen Rhythmus ?
+ Erlaube ich mir, sog. „Pflichten“ als von mir frei gewählte Entscheidungen zu sehen, die ich auch anders treffen kann ?

Mit mir selbst liebevoll umzugehen, fühlt sich meiner Erfahrung nach fast immer weich, sanft und leicht an, und verstößt (jedenfalls derzeit noch) fast immer gegen irgendwelche „Pflichten“, oder „Sachen, die man halt so macht“ oder machen „muss“.

Gar nichts „muss“ ich !

Ich muss mich nicht meinem eigenen inneren Antreiber unterwerfen, und schon gar keinen Vorstellungen von „Müssen“ irgendwelcher BürokratInnen. Ich kann mich aber fallweise dafür entscheiden, wenn es mir nutzt.

Wir können was anders machen, wenn sich was ändern soll.

Manchmal sind das kleine, winzige Änderungen im Alltag, die das schon bewirken. Fast immer sind es (jedenfalls zu Anfang) „Grenzüberschreitungen“, so in der Art: ‚das hätte ich früher NIE gemacht !!‘

Einen schönen Tag Dir ! 🙂
Oder einen unschönen. 😦
Das liegt ganz bei Dir. 😉

Viel Verantwortung – oder ?
Das Schöne finde ich: niemand zwingt uns, sie anzunehmen.
Das bleibt m. E. unsere „freie“ Entscheidung.

Dein T.

Fleiß, Demut, Dienen und Selbstverwirklichung (22.6.2014)

Denkanstöße aus einem Kloster

>> „Müßiggang ist ein Feind der Seele“.

Deshalb müssen sich die Brüder zu bestimmten Zeiten der Handarbeit
und zu bestimmten Zeiten wiederum der Lesung göttlicher Dinge widmen.
(…)
Dass Benedikts Sätze (gemeint ist d. Hl. Benedikt, 6. Jhd. nach Chr., Ordensgründer; Anm. v. T. Langh.) die Einstellung zur Arbeit in Europa änderten
und durch das Beispiel der Mönche in Landwirtschaft und Handwerk
zur wirtschaftlichen Entwicklung des Abendlandes beitrugen,
sei nur am Rande vermerkt.
(…)
Nur der kann in einen Orden eintreten, das wird aus den Worten des Benediktiner-Priors, aus dem Leben der Mönche immer deutlicher, der es nicht für wichtig hält, „sich selbst zu verwirklichen“.
,
Der Mönch muss sich zuerst selbst aufgeben, wenn er die von Benedikt aufgezählten zwölf Stufen der Demut eine nach der anderen emporsteigen will, „wenn er den eigenen Willen nicht liebt, sondern sich in vollkommenem Gehorsam dem Oberen unterwirft“, „wenn er schweigend die Geduld bewahrt, selbst bei harten und widerwärtigen Vorkommnissen“, wenn er „zufrieden ist mit allem Niedrigen und Geringen“, „wenn er die Demut (…) im Herzen (…) kundtut“.
.
Ich betrachte die ruhigen gesammelten Gesichter der Mönche, während der Messe, bei Tisch, und der Arbeit, vergleiche sie mit denen der Politiker und Wirtschaftler, der Schauspieler und Schriftsteller, der Beamten und Arbeiter, der Familienväter und Junggesellen, die mir sonst begegnen.
.
Diese hier sind anders, durch ein ´alternatives´ Leben geprägt, vielleicht schon eine Spur dessen zeigend, was die Menschen als ´Utopia` ersehnen.,
.
Ich verabschiede mich. In der Eingangshalle plaudert Pater Luigi.(…) Sein Gesicht zeigt heitere Weisheit. Draußen im Regen gehen vier Patres auf und ab. Sie lächeln dem Scheidenden zu. Er verlässt einen Ort des Freidens.<<

(zit. von T. Langhorst
aus „Toskana“, v. H. J. Fischer im Prestel-Verlag, 1987, S. 506, 509, 510)

3.6.-7.6. Offener BildungsRAUM IN der LMU im Rahmen des bildungscamps 2014, München

Der StudierendenKonvent der LMU
beantragte für die Dauer des bildungscamps 2014
einen Raum in der Ludw.-Max.-Uni. als „Offfefnfen Bfilfdfunfgsfraufm„.

Das wurde auf seiner letzten Sitzung einstimmig beschlossen.

Die Univerwaltung hat uns dafür vom 4.6.-7.6. den Raum A 213 von 18:00-22:00 zur Verfügung gestellt.
Ihr findet ihn und uns im Hauptgebäude der LMU am Geschwister-Scholl-Platz (2. Stock, barrierefrei).

Dieser RfAfUM wird gestaltet von allen, die ihn beleben wollen
und von Theresa Anne Panny und Tomas Langhorst
vom Freien UniExperiment München & Freising.

Weitere Infos dazu gibt´s auch in der KulturJurte auf dem bildungscamp vor dem Uni-Haupteingang bei Theresa Anne Panny und Emanuel Eitle.

Herzlich willkommen !

🙂

 

Existenzielle Fragen, Wirklichkeit, Yoga & Erfahrung

Ich mache immer wieder Yoga.
Yoga verschafft mir ein wunderbares Körpergefühl.
Es entspannt und ich fühle mich hinterher oft auch wie innerlich „neu sortiert“.
Im Yoga kann ich spüren, wie Energien in mir und durch mich fließen, ohne dass ich sie erzeugen müsste.
Im Yoga kann ich mich bewusst auf meinen Atem konzentrieren.
Ich spüre, dass ich einer Kraft in mir Raum geben kann.
Sie scheint schon da zu sein.
Was ich tun kann, scheint mir: ihr Platz zu machen.

🙂

In einem Buch über Yoga habe ich einige interessante Thesen gefunden:

-> In der „Meditationswissenschaft“ ist der Gegensatz von Glauben und Wissen nicht mehr von Belang.
-> Existenzielle Fragen bedürfen keiner Glaubens- und keiner Gelehrten-Hierarchie.
-> Wissenschaft und Spiritualität sind zwei Seiten der einen großen Kreativität menschlichen Bewusstseins.
-> So wie die Wissenschaft das Experiment fordert, fordert Yoga die Erfahrung.

Ich glaube, das hat etwas mit dem UniExperiment zu tun.

In ihm verbinde ich Wissen, Erfahren und Beobachten.
.
UniExperiment ist für mich ein Resonanzraum, der mir meine Wahrnehmungen wiederspiegelt, indem ich sie in ihm nachvollziehbar ausdrücke und zum Dialog zur Verfügung stelle.
Sowohl Handeln findet in ihm Raum, als auch die Beobachtung von Handeln, und das Beschreiben des Wahrgenommenen.
.
Hier die Textstellen, die mich inspiriert haben im wörtlichen Zitat..
,
Sie sind von Dr. phil. Peter Palla und Edith Palla (BRD) und
Chandra Mohan Jain ( = bürgerl. Name, Indien; nannte sich später ´Acharya Rajneesh´, ´Bhagwan Shree Rajneesh´, ´Osho´)
.
zu Yoga, Wissenschaft, Spiritualität und existenziellen Fragen,
zu Denken, Glauben, Fühlen, Erfahren und Wissen
.
aus dem Buch: „Das Yoga Buch – die Geburt des Individuums“; Ausg. innenwelt-Verlag, 2010:
.
„Im Lichte der Meditationswissenschaft (…) ist der traditionelle Gegensatz zwischen Wissenschaft und Glauben hinfällig geworden.
Meditationspraxis und die umfassende wissenschaftliche Meditationsliteratur unterschiedlichster  Richtungen machen deutlich, dass existenzielle Fragen keines Glaubens- und keiner Gelehrten-Hierarchie und schon gar keiner Organisation bedürfen, im Gegenteil !

Es wird klar: Wissenschaft und Spiritualität sind zwei Seiten der einen großen Kreativität menschlichen Bewusstseins: die bedingunslose Erforschung der Wirklichkeit in all ihren Dimensionen.
Die quantentheoretische und gerhintheoretische Befreiung von der Illusion einer gegenständlichen, objektiven Wirklichkeit und eines substanziellen Ich ist für die Yoga-Wissenschaft kein Dilemma, sondern ein wesentlicher Aspekt der Disziplin selbst.
(…)
Hindernisse gibt es viele. Erkennen und Fühlen auf den Rahmen festzulegen, den unser Verstand für vernünftig hält, ist in Wirklichkeit eine ständige Abwehr von Erkennen und Fühlen.
Im Yoga geht es weder um eine neue Weltanschauung, noch um eine neue Selbstinterpretation.“

(Peter Palla und Edith Palla im Vorwort von „Das Yoga-Buch“, s. o.)

Yoga sagt: Erfahre ! So wie die Wissenschaft das Experiment fordert, fordert Yoga die Erfahrung.
.
Nur die Richtung ist eine andere:
Experiment bedeutet, dass Du etwas im Außen, und Erfahrung bedetutet, dass Du etwas im Inneren tust.“

(Osho, S. 16, Abs.3, in: „Das Yoga-Buch“ , s.o.)

(verf. v. T. Langhorst)

 

Studienbericht Möbelbau (21.5.2014)

zur Studienfrage:

Wie bringe ich den von mir entworfenen Sessel zur Serienreife ?

9.5.2014,
14:15-14:45

Entwurfsbesprechung
mit M. R.,
Schreinermeister bei „design.s“ , Pulling:

Welche sind die nächsten Schritte im Realisierungsprozess ?

Materialwahl,
Modellbau-Ablauf,
Digitalisierung der Entwurfszeichnung

Erste Zeit- und Kostenschätzung für den nächsten Schritt:
Digitalisierung der Form der Rückenlehne,
ca. 10 Arbeitsstunden,
ca. 750.-

Weiteres Vorgehen:
Zweite Besprechung mit M.R. mit meinem Gipsmodell der Rückenlehne,
zur weiteren Konkretisierung des nächsten Arbeitsschrittes (Digitalisierung)

21.5.2014,
13:30-14:45

Entwurfsbesprechung
mit M. K.,
Prof. emerit. f. Raumgestaltung und Entwurf:

Welche sind die nächsten Schritte im Realisierungsprozess ?

Weitere Entwurfszeichnungen,
Modellbau-Ablauf,
Fragen der Statik

Weiteres Vorgehen:
Modell bauen

 

4.5., München, 19:00: Demo-Vorbereitung

19:00,
Entenbachstr.37,
81541 München, in der Au,
U-Bahn-Haltestelle Kolumbusplatz:

Vorbereitungstreffen für die INTERAKTIVE DEMONSTRATION FÜR DEN MUT ZUM EXPERIMENT in München am Sonntag, d. 11.5. am Stachus ab 16:00

Wie stellen wir uns die INTERAKTIVE DEMONSTRATION FÜR DEN MUT ZUM EXPERIMENT (das muss groß geschrieben werden, alles;-)) eigentlich vor ?

Was ist innerhalb dieses Rahmens möglich, was nicht?

Wieviel Struktur möchten wir, wieviel Freiheit?

Welche Vision einer neuen Bildung und Gesellschaft vertreten wir gemeinsam?

mit Theresa Anne Panny vom Freien UniExperiment München und Freising, und weiteren Bildungs-Enthusiasten

Herzlich willkommen !

Hier der link zum Demoaufruf: 🙂

Von der Studienfrage zur Forschungsfrage: Raum für freies, selbstbestimmtes Lernen (4.5.2014)

v. Tomas Langhorst

Guten Tag !

Hier also das erste UniExperiment-Forschungsprojekt, oder zumindest das erste UniExperiment-Forschungsprojekt in dieser Liste:

Meine Forschungsfrage 1 lautet:
Wie schaffe und gestalte ich Räume für freies, selbstbestimmtes Lernen ?

(siehe dazu und zu ihrer weiteren Gliederung die Übersicht über meine Studienfragen: hier/link)

Mit dieser Frage habe ich Literatur studiert, und erste eigene Erfahrungen in der Praxis gesammelt.

Dieses Thema interessiert mich brennend, daher die Lektüre und das Suchen nach ersten Erfahrungen mit dem Erschaffen und Gestalten von Räumen für freies, selbstbestimmtes Lernen.

Im ersten Semester meines UniExperiment-Studiums (1.9.2013-31.3.2014) habe ich mit dieser Frage in Hirn und Herz vielfältige persönliche Kontakte geknüpft, Gespräche geführt und erste Erkenntnisse gewonnen. Dabei fand ich viele Menschen, die an dieser Frage ebenfalls brennend interessiert sind, die Antworten darauf bereits leben, oder an dieser Frage forschen.

Ich sah, dass ich mit dieser meiner persönlichen Forschungsfrage nicht alleine bin.
Außerdem bestätigte sich für mich meine Vermutung, dass diese Frage nicht nur eine ist, die ich und eine vielleicht kleine Gruppe von Menschen wichtig finden, sondern ein Thema beschreibt, das viele Menschen interessiert, zu dem auch Forschung betrieben wird, u. a. an Universitäten, und das momentan mindestens eine gewisse gesellschaftliche Relevanz hat.

Nach diesem ersten Semester der ersten persönlichen theoretischen und praktischen Orientierung im Themenfeld dieser Frage, möchte ich diese Frage nun zum Gegenstand meiner Forschung machen.
Damit verlasse ich nach meinem Verständnis den Raum meiner individuellen Interessen und begebe mich in ein Umfeld, in dem bereits viele Menschen aktiv sind.
Außerdem ist mir bewusst, dass mit dem Begriff  „Forschung“ heute in unserer Gesellschaft bestimmte Erwartungen verbunden werden, genauso übrigens, wie mit dem Begriff „Studium“.

Ich selbst verstehe unter „Forschung“ nicht nur das Aneignen von bisher bestehenden Erkenntnissen anderer Menschen zum Forschungsgegenstand, sondern auch die Suche nach eigenen Erkenntnissen und deren allgemeinverständliche Formulierung und Publikation. Darüberhinaus stelle ich an meine Forschungsarbeit den Anspruch zumindest teilweiser logischer Nachvollziehbarkeit.

Außerdem will ich an dieser Frage nicht alleine forschen, sondern gemeinsam mit anderen.
Deswegen platziere ich sie auch hier im „Markt der Offenen Fragen, Themen und Projekte“.
🙂

Mir ist bewusst, dass diese Zeilen zur ersten Orientierung keinesfalls dem entsprechen, was nach wissenschaftlichem  Standard heute im Allgemeinen und im Besonderen von einer Forschungsprojekt-Beschreibung erwartet wird. Gemessen an diesem Standard fehlen an dieser Stelle mindestens noch genaue Belege zu meinen Aussagen, ausführlichere Reflektionen zu den Begriffen „Forschung“, „Studium“, „Logik“, eine genauere Beschreibung des Forschungsgegenstandes und der angewendeten Forschungsmethodik.

Da diese Forschungsarbeit nicht an einer konventionellen Universität stattfindet, sondern im Rahmen des Freien UniExperiments, erlaube ich mir eine eigene Herangehensweise an die Forschungsfrage und einen eigenen Umgang mit ihr, die beide mindestens zunächst einmal nicht wissenschaftliche Standards erfüllen müssen.

Wohl aber ist mir wichtig, den Standard „wissenschaftliches Arbeiten“ ständig im Bewusstsein zu behalten.

Damit meine ich:
Ich möchte mit dem Standard „wissenschaftliches Arbeiten“ bewusst umgehen.
Dazu muss ich ihn nicht erfüllen, wohl aber mir im Klaren darüber sein, was nach diesem für jeden einzelnen meiner Forschungsschritte erforderlich wäre.

Ich möchte den Bezug zu „wissenschaftlichem Arbeiten“ also in meiner Forschungsarbeit immer wieder herstellen.

Diese Anforderung stelle ich an alle meine Tätigkeiten im Rahmen des Freien UniExperiments.
Andernfalls würde ich dafür nicht einen Rahmen wählen, dessen Bezeichnung den Ausdruck „Uni“ enthält.
Er enthält aber auch noch den Ausdruck „Experiment“.
Und genau darum geht es mir u. a. auch:
um das Experimentieren mit Forschungs- und Erkenntniswegen, die nicht wissenschaftliche sein müssen, wohl aber immer wieder den Bezug zu „Wissenschaft“ herstellen.

Meine Studienfrage 1 lautet:
Wie entstehen Räume für freies, selbstbestimmtes Lernen ?

Gefühle im Studium – eine Eintrittkarte: Wohin? (Teil5) (2.5.2014)

Jetzt kann eine neue Kategorie in´s Spiel kommen, ich will sie mal den „Führer“ nennen, also eine/n, der/die „weiß“, wie das geht, jemand, der darin ausgebildet oder erfahren ist, wie man solche Gruppen lebendig halten kann, auch wenn „schwierige“ Gefühle auftauchen.
Es ist natürlich möglich, sich so jemanden von außen in die Gruppe zu holen, oder jemanden in der Gruppe als einen solch „Kundigen“ zu definieren oder zu identifizieren.

Diese beiden Möglichkeiten interessieren mich hier aus verschiedenen Gründen weniger.

Ich möchte mich hier jetzt mehr darauf konzentrieren, wie denn diese „ganz bestimmten“ Umgangsformen zur Pflege von Lebendigkeit und dem Erhalt von Kreativität in der Gruppe aussehen können oder könnten.

Ich gehe also davon aus, es gäbe tatsächlich niemanden in der Gruppe, der „weiß“, wie das geht, und die Gruppe wäre auch nicht bereit, oder in der Lage, von außen jemanden in die Gruppe zu holen, von dem sie mindestens glaubt, er „wisse“, wie das zu bewerkstelligen sei.

In einem solchen, ich nenne ihn den „dritten Fall“, „säße“ die Gruppe jetzt also da in ihrem ´Schlamassel´, ohne Hilfe von außen. Sie säße da, mit dem, was ist, mit nichts weiter zur Verfügung, als dem, was ist. Das erscheint wenig hilfreich, denn wenn sog. „negative Gefühle“ zu unüberwindbar scheinenden Differenzen in der Gruppe geführt haben, scheint ein Ausweg in der bestehenden Gruppe oft unmöglich.

Dennoch gibt es ihn aus meiner Erfahrung, und ich möchte davon berichten.

Text: Tomas Langhorst, Freies UniExperiment

– wird fortgesetzt –

links zu: Teil4, Teil 3, Teil 2, Teil1

Gefühle im Studium – eine Eintrittkarte: Wohin? (Teil4) (2.5.2014)

Ich habe das Gefühl, jetzt einen besonderen Raum zu betreten.

Denn dass Gefühle Beziehungen, Gemeinschaften, Gruppen, Projekte und Kollegien „stören“ und zerstören können, ist bekannt.
Was aber braucht es, damit Gefühle in selbstbestimmten Beziehungen, Gemeinschaften, Gruppen, Projekten und Kollegien vielleicht zeitweise als „störend“ empfunden werden können, diese aber nicht zerstören ?
Ich schreibe hier von selbstbestimmten Gruppen und Beziehungen, die nicht oder weniger durch äußere Verpflichtungen zusammengehalten werden, sondern mehr durch innere. Was heißt das denn genau ?

Ja, wie sehe ich denn die Unterscheidung zwischen „äußerer“ und „innerer“ Verpflichtung ?
Als eine Gruppe oder Beziehung, die durch äußere Verpflichtung zusammengehalten wird, sehe ich eine, die um eines bestimmten Zweckes willen besteht: Kinder großziehen, möglichst viel Gewinn machen, ein Projekt verwirklichen, eine bestimmte Art von „Gewinn“ aus dem Zusammensein ziehen. Natürlich ziehen wir wohl immer irgendeine Art von Gewinn aus dem Zusammensein mit anderen, sonst suchten wir es nicht. Das scheint klar. Doch worin besteht der „Gewinn“ ? Besteht er in der Funktion, die ein anderer für mich hat, oder besteht der Gewinn, den ich aus dem Zusammensein mit ihm beziehe einfach darin, dass er so ist, wie er ist ?

Hier möchte ich eine „steile“ These wagen:
Wenn es auf Dauer ausschließlich um die Funktion geht, die ein anderer Mensch für mich hat, im Kontakt mit ihm, dann wird dieser Kontakt das auf Dauer wiederspiegeln. Ich halte es für möglich, dass ein entweder ausschließlich oder überwiegend funktional begründeter Kontakt destruktive Gefühle schlecht oder gar nicht überstehen wird.

Wenn eine Gruppe, die nicht durch äußeren Druck zusammengehalten wird, zusammenbleiben soll oder will, auch wenn „schwierige Gefühle“ auftauchen, braucht es bestimmte Umgangsformen mit diesen „schwierigen“ Gefühlen. Wenn eine solche Gruppe nicht nur zusammenbleiben, sondern auch noch lebendig bleiben soll, und ein Ort, an dem sich alle Mitglieder wohlfühlen, dann braucht es meiner Erfahrung nach noch bestimmtere Umgangsformen mit „schwierigen Gefühlen“.

Denn es gibt Gruppen oder Beziehungen, die zwar weiterbestehen, auch mit „schwierigen“ Gefühlen, aber irgendwie erstarrt wirken, unlebendig, formal, ja freudlos und irgendwie gezwungen. Ich fühle mich dann darin oft irgendwie „unfrei“, befangen, unwohl. Echte Kreativität ist in solchen Gruppen oder Beziehungen nicht mehr möglich und das ist natürlich besonders dann fatal, wenn sich die Gruppe oder Beziehung gebildet hat, um gemeinsam kreativ zu sein, und gemeinsam etwas zu „schaffen“ oder zu erschaffen.

Wie also kann die Gruppe oder Beziehung lebendig bleiben ?
Wie gelingt es, Lebendigkeit in festen Strukturen zu erhalten, Offenheit, und Kreativität ?

 

Text: Tomas Langhorst, Freies UniExperiment

links zu: Teil5, Teil 3, Teil 2, Teil1

 

Gefühle im Studium – eine Eintrittskarte: Wohin? (Teil3) (23.4.2014)

Studium,

„Trauer“,
„Angst“,
„Scham“,
„Wut“

und Beobachtung

Warum ist es für mich sinnvoll, „Trauer“, „Angst“, „Scham“, „Wut“, in mein Studium mit einzubeziehen ?

Ich beziehe in mein Studium nur das ein, von dem ich glaube, dass es nicht nur für mich , sondern auch für die Gesellschaft (ich sage lieber: Gemeinschaft) wichtig ist.

Denn sonst bliebe mein Studium allein eine Selbsterfahrungsreise: wertvoll sicherlich, aber eben kein Studium !‘
Denn „Studium“ beinhaltet für mich immer Gemeinschaftsbezug: Halte ich das, was ich studiere auch für andere für wichtig ?

Wenn ich im UniExperiment etwas anders machen möchte, als im konventionellen Studium, dann sicher auch, dass ich meine Gefühle in des bweusst mit einbeziehe.
Denn ich möchte als ganzer Mensch studieren, nicht bloß  als Leistungsmaschine.

Das wirft sofort Fragen auf:
Was haben Gefühle in einem Studium zu suchen ?
Sind die bei der Erkenntnisfindung nicht eher hinderlich ?
Trüben sie nicht eher den ´klaren Blick´ ?

Heißt „studium“ denn eigentlich: Wissenschaft betreiben ?
„studere“ heißt, wörtlich übersetzt: sich um etwas bemühen, nach etwas streben.
Nun gut, ja: ein Ziel des Studiums gibt es wohl, oder wenigstens eine Richtung.
Und – für mich gibt es noch mehr darin:

„Studium“ heißt für mich nicht nur  „streben“ – wonach und wohin auch immer.
Es heißt für mich auch: beobachten !

Warum ?
Nun, wenn ich einen vorgezeichneten Weg zu gehen habe, einen Weg, der durch Studienordnungen und Prüfungswegweiser markiert wird, auch dann beobachte ich:  meinen Lernfortschritt.
Die Wegrichtung, die Position des Weges im Gelände muss ich dabei nicht unbedingt beobachten, wenn ich in Prüfungen erfolgreich sein will.

Ganz anders im selbstbestimmten Studium, z. B. im Freien UniExperiment:

Hier muss ich den Weg durchs unbekannte Gelände selber wählen.
Hier muss ich permanent kontrollieren, ob ich noch auf dem Weg bin: Wo befinde ich mich ?
Wo will ich hin ?
Dient der eingeschlagene Weg noch der gewünschten Richtung ?

Und:  Siehe, da kommen auch Gefühle in´s Spiel.
Plötzlich wird für mich zunehmend wichtig, wie ich mich denn fühle, auf meinem Wege.
Warum ? Weil Orientierungshilfen von außen fehlen, sehe ich mich mehr auf die inneren angewiesen.
Und Innen, da sind auch: Gefühle !

Doch wie kann ich meine Gefühle zur Orientierung nutzen, wenn sie sich doch auch immer wieder verändern und vor allem: wenn sie sich immer wieder auch so beschissen anfühlen ?

Wie kann ich negative Gefühle zur Orientierung nutzen, die plötzlich zu bedrohen scheinen, was mich ursprünglich in´s selbstbetimmte Studium geführt hat:
Gemeinschaft,
Eigenverantwortung,
Authentizität,
Selbständigkeit,
Dialog,
Energie,
Dynamik,
Forschergeist,
Kreativität,
Neugier,
Lebendigkeit ?
Wie kann ich nutzen lernen, was all das bedroht, was mir im selbstbestimmten Studium wichtig war und ist ?
Wie kann ich für meinen Weg nutzen lernen, was mir auf ihm als schwer oder gar überhaupt nicht überwindbares Hindernis im Weg zu stehen scheint: negative Gefühle ?

Führt Verdrängen weiter, auf Dauer ?
Oder: ignorieren ?
Oder: mich von meinen negativen Gefühlen leiten lassen, in´s Scheitern ?

Gefühle sind natürlich überall wichtig, auch im konventionellen Studium.
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Im komplett selbstbestimmten Studium, wie im UniExperiment, spielen sie für mich jedoch eine größere Rolle, denn sie erhalten mehr Raum.
Im konventionellen Studium kann ich mich eines Gefühlsansturmes auch durch die von außen von mir geforderte Routine und Etappenbewältigung erwehren.
Ja, das Vorgezeichnete des Weges gibt mir geradezu die Sicherheit, den eigenen Gefühlen etwas von außen und durch andere Bestimmtes entgegensetzen zu können.
Im selbstbestimmen Studium gibt es diese Sicherheit nicht.
Hier kann ich keine Studienordnung, da kann ich keinen Prüfungstermin setzen gegen die Angst, gegen die Traueer, gegen die Wut. Ich sehe mich meinen Gefühlen und Wahrnehmungen unmittelbarer ausgesetzt, als im Hafen eines konventionellen akademischen Betriebes.
Denn ich befinde mich auf der hohen See der Seslbstbestimmung, ungeschützt ausgesetzt auch den Unwägbarkeiten meiner emotionalen Gezeiten. Da mag es eben hilfreich sein, wenn genau der Umgang mit diesen Gezeiten zum Studium gehört und nicht als lästiger Ballast verstanden wird.
Orientierung bekomme ich im selbstbestimmten Studium  nicht durch äußere Vorgaben, wie Studien- und Prüfungsordnungen.
Für meine Orientierung muss ich im selbstbestimmten Studium daher stärker innere Quellen nutzen.
Selbstbestimmt zu studieren, heißt ja:
ich entscheide selbst, was und wie ich studiere, und wo, bei und mit wem.
Wenn im Außen keine Orientierung existiert, muss ich  alles Innere zur Orientierung nutzen.

Ohne  Orientierung im Außen, wie sie im konventionellen Studium durch Studienvorschriften geboten wird, gewinnt für mich nicht nur der Kontakt zu meinem Inneren, samt seinen Gefühlen, sondern auch der Kontakt zu meinen Mitstudenten eine größere Bedeutung. Denn zu meinem Innenleben gehören für mich nicht nur meine Gefühle im Bezug auf mich und im Umgang mit mir selbst, sondern auch meine innere, meine von innen gefühlte Beziehung zu meinen Mitstudenten, und meine Gefühle für, oder gegen (!) sie. Dieser innere Kontakt zu mir selbst und meinen Gefühlen kann mir als Stütze dienen, wo der Kontakt zu äußeren, fremdbestimmten Vorgaben als Unterstützung nicht existiert. Doch um als Unterstützung und Inspiration dienen zu können, „muss“ auch der Kontakt zu meinen Mitstudenten konstruktiv bleiben, genau wie der Kontakt zu meinem eigenen Inneren.

Doch wie halte ich diesen inneren Kontakt zu meinen Gefühlen und die Kontakte zu meinen Mitstudenten konstruktiv, wenn ich in Regionen negativer Gefühlsgewitter gerate, mal ganz abgesehen von der Qualität des zwischenmenschlichen Miteinanders, die durch sog. „negative“ Gefühle bedroht sein kann ?

Warte ich, bis die Destruktivität wieder vorüber ist ?
Habe ich diese Zeit im Studium überhaupt ?
Und selbst wenn ja: verschwindet Destruktivität „von alleine“ wieder, dauerhaft ?

Es gibt hier Orientierung, genau wie im konventionellen Studium Prüfungs- und Studiumsordnungen Orientierung versprechen.
Es gibt Erfahrungen im Umgang mit destruktiven Gefühlen, Erfahrungen jenseits vom Ignorieren oder bloßen Ausagieren solcher Gefühle.
Es gibt Erfahrungen damit, wie Situationen zu meistern sind in denen Destruktivität z. B. eine ursprünglich enthusiastisch kreative Lern- oder Studiengruppe selbstbestimmt Studierender lähmt, oder zu lähmen scheint.

 

Text: Tomas Langhorst, Freies UniExperiment

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